Herr Bundesrat, US-Präsident Donald Trump will die Medikamentenpreise in den USA senken – mit potenziell gravierenden Folgen für die Schweizer Pharmabranche. Wurden Sie von dieser Ankündigung überrascht?
Guy Parmelin: Nein, dass das kommen würde, war bekannt. Wir kennen das Dekret noch nicht im Detail. Es wird sicherlich Auswirkungen auf die Pharmabranche haben. Aber es ist noch zu früh, um dazu Schätzungen abzugeben. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wird die Auswirkungen nun analysieren.
Auswirkungen, die nicht nur in der Branche zu spüren sein werden, sondern in der ganzen Schweiz.
Natürlich, der Zustand der Pharmabranche ist ein Signal für Investitionen, das kann kontraproduktiv für die Entwicklung der Schweiz sein. Aber nochmals: Es muss unterschieden werden zwischen Ankündigungen und konkreten Texten. Auch andere Parameter, wie die angekündigten Investitionen der Pharmaunternehmen in den USA, müssen berücksichtigt werden.
Wird das Thema Medikamentenpreise ebenfalls Teil der Verhandlungen mit den USA sein?
Wir wollen das gesamthaft behandeln. Der Bundesrat wird die Absichtserklärung konkretisieren und gemeinsam besprechen. Dann werden wir wieder das Gespräch mit den Vereinigten Staaten suchen.
Einen «Deal» mit den USA hat erst das Vereinigte Königreich erzielt. Es musste aber Zugeständnisse – unter anderem bei Landwirtschaftsprodukten – machen. Ist die Schweiz bereit, da ebenfalls nachzugeben?
Man muss hier unterscheiden. Wenn Sie von Zöllen sprechen; da haben wir immer betont, dass wir offen für Lösungen sind. Bei Zöllen auf Produkten, die wir in der Schweiz nicht produzieren, sehen wir keine Probleme. Wir haben in den Gesprächen mit den USA auch darüber gesprochen, dass nur die Hälfte der benötigten Lebensmittel in der Schweiz produziert wird. Das wurde auch verstanden. Aber ganz allgemein: Sie sprechen von einem Deal, bei dem wir noch nicht wissen, wie dieser am Schluss zusammengesetzt sein wird. Aber für einen Deal müssen beide Parteien eine Win-win-Situation finden – das ist auch das Ziel von Präsident Trump.
Der US-Präsident hat sich in der Vergangenheit auch über Schweizer Subventionen echauffiert, diese wirkten marktverzerrend. Lässt sich die Schweiz hier in innenpolitische Massnahmen reinreden?
Man muss differenzieren. Wir subventionieren zum Beispiel unsere Industrie nicht, die Zölle für den Import von Industrieprodukten aus den USA sind bei null. Man muss die Forderungen im Detail analysieren. Und wir müssen abwarten, was wir als Gegenleistung erhalten.
Ebenfalls am Montag wurde eine – vorübergehende – Einigung im Zollstreit zwischen den USA und China bekannt. Die Zölle sinken um 115 Prozentpunkte. Sind die USA inzwischen verhandlungsbereiter als vor einigen Monaten?
Das ist schwierig zu sagen. Man muss die Einigung sicherlich positiv sehen. Alles, was Sicherheit für die Weltwirtschaft bringt, ist wichtig. Auch weil die USA und China zu unseren bedeutendsten Handelspartnern gehören. Ob es am Ende dieser 90-tägigen Frist ein konkretes Resultat, eine Stabilisierung gibt und ob diese für zwei oder fünf Jahre gilt, das ist offen. Aber jede Stabilisierung ist positiv für die Schweiz und für die Welt.
US-Finanzminister Scott Bessent hat vor den Medien in Genf davon gesprochen, dass er bis Sonntag eine Absichtserklärung der Schweiz erwartet. Finanzministerin Karin Keller-Sutter sprach noch am Freitag von einer Frist von einigen Wochen. Waren Sie auf diese Terminanpassung vorbereitet?
Beide Parteien haben die Absicht geäussert, schnell vorzugehen. Wir haben aber auch klar gemacht, dass der gesamte Bundesrat davon Kenntnis haben muss. Wir werden das gemeinsam erarbeiten und zustellen. Dann wird die Situation ähnlich sein wie beim Vereinigten Königreich. Sie haben einen Deal mit den USA erzielt, stehen aber vor vielen Detailverhandlungen mit offenem Ausgang.
Die USA holen fast täglich neue Druckmittel und Überraschungen aus der Trickkiste. Was hat die Schweiz dem entgegenzusetzen? Kommt unsere geordnete Diplomatie an ihre Grenzen?
Die Ankündigung zu den Medikamentenpreisen war keine Überraschung. Es war immer klar, dass nach der Einführung der reziproken Zölle auch für die Pharmabranche Massnahmen kommen würden. Wie schlimm oder erträglich es sein wird, wollen wir grundsätzlich analysieren. Aber nochmals, konkrete Massnahmen und Fristen wurden in diesem Fall noch nicht beschlossen. Das muss man vorsichtig betrachten.
Der hat doch vor wenigen Wochen noch proletet, dass er gerne die Preise in der Schweiz auf US-Niveau "anheben" würde.
Kann er jetzt dann gerne machen. 😅
Da wäre ich mir aber gar nicht sicher.