Petitionen mit vielen tausend Unterschriften gegen die Absetzung des Radio-«Wissenschaftsmagazins» und des TV-Gesellschaftsmagazins «Gesichter und Geschichten.» Am vergangenen Samstag eine Kundgebung gegen die Sparmassnahmen vor dem Sitz von SRF Kultur in Basel. Nun hat SRG-Generaldirektorin Susanne Wille erstmals Stellung genommen zu den Protesten.
Wille tat das an einer Veranstaltung des Swiss Media Forums in Zürich -und sie machte sogleich klar: Die Führung der SRG wird auf ihre Entscheide nicht zurückkommen. Auch wenn viele Kulturschaffende, Wissenschafter, Professorinnen und weitere Interessierte genau das fordern: Die Streichung der Programme soll zurückgenommen werden.
«Ich wäre beunruhigt, wenn es keine Reaktionen gegeben hätte», sagte die Chefin des Rundfunks. Wille betonte, dass die SRG sparen müsse – wobei die kürzlich kommunizierten Massnahmen mit einem Rückgang der Werbeeinnahmen zusammenhängen und nicht mit der Senkung der Medienabgabe von 335 auf 300 Franken. Die Reduktion in zwei Schritten wird erst ab 2027 vollzogen.
Wille erklärte: Das Schweizer Radio und Fernsehen habe bereits 20 Millionen Franken eingespart, reduziere das Budget nun um weitere 8 Millionen, ein neuer Schnitt von 12 Millionen werde bald folgen. SRF verfügt derzeit über Mittel von 600 Millionen pro Jahr. «Beim Programm sparen wir zuletzt», betonte Wille. Zuerst schaue man die Logistik an, die Technologie, die Büros und Studios an den Standorten.
Die Absetzung von «Gesichter und Geschichten» und des «Wissenschaftsmagazins» begründete die Generaldirektorin mit der gesunkenen Reichweite. «G & G» habe nicht mehr viele Zuschauer, die jünger als 60 seien. Zugleich treffe es zu, dass die Sendung wichtig sei für Kulturschaffende. Das Format berichtet unter anderem über die Premieren von Kabarettprogrammen und von Konzerttourneen.
«Die SRG macht mehr Kultur als früher», hielt Wille den Kritikern entgegen. Das Unternehmen sei pro Jahr an der Finanzierung von 180 Filmen beteiligt, strahle 600 Konzerte aus, sei Partner von 300 Festivals, habe die Förderung von Talenten ausgeweitet. Und die Wissenschaftsredaktion von SRF habe derzeit 22 Vollzeitstellen, wovon zwei gestrichen würden. «Damit ist unsere Wissensredaktion nach wie vor klar die grösste im Land.» Beiträge dieser Journalistinnen und Journalisten würden künftig vermehrt in andere Programme einfliessen.
Trotzdem: Bei der SRF-Chefin geht derzeit viel Post ein. Ein Satz finde sich in fast allen Zuschriften: «Wir verstehen, dass die SRG sparen muss – aber bitte nicht hier.» Wille erfüllt die Forderung nicht. Sie will stattdessen die Plattform Play Suisse, auf der zurzeit Serien und Filme zu sehen sind, zu einer gemeinsamen Basis für alle Audio- und Videoangebote der SRG ausbauen. Es sei dringend nötig, dass das Unternehmen beim Streaming – dem Abspielen von Video- und Tondaten im Internet – «mehr Schubkraft» entwickle.
Befürchtet Susanne Wille nicht, dass die SRG gerade die Unterstützung wichtiger Interessengruppen einbüsst, die dem Rundfunk im Kampf gegen die 200-Franken-Initiative der SVP helfen könnten? 2018 zogen Schweizer Kulturschaffende eine wirksame Kampagne gegen die No-Billag-Vorlage auf. Die geforderte Aufhebung der Medienabgabe fiel mit 72 Prozent Nein-Stimmen durch.
«Das ist eine Gratwanderung», meinte Wille. Sie intensiviert Kontakte zu Organisationen, die über die Sparbeschlüsse enttäuscht sind. Sie wirbt um Verständnis und erklärt, wie sich die SRG verändern müsse. Und sie hofft, dass der Ärger bald verraucht. Auf den sozialen Medien schreiben einige aufgebrachte Zuschauer: Eine SRG, die Kultur- und Wissenschaftsprogramme zusammenstreiche, komme auch mit 200 Franken jährlich zurecht.
Einige Beobachter vermuten hingegen: Der Rundfunk hebe derzeit etablierte Programme auf, um dem Publikum zu zeigen: Wenn ihr die 200-Franken-Vorlage annehmt, kommt es noch viel schlimmer. Susanne Wille stellt das in Abrede: «Ein politisch-taktisches Kalkül gibt es nicht.»