Heute Abend (ab 20 Uhr im watson-Liveticker) können die ZSC Lions den Sack zu machen, und zum zweiten Mal in Folge und elften Mal in der Klubgeschichte Schweizer Meister werden. Dafür braucht es einen Auswärtssieg beim Lausanne HC. Keine einfache Aufgabe, und trotzdem spricht fast alles dafür, dass die Zürcher auch dieses Jahr den Meisterkübel in die Höhe stemmen können.
Einerseits treten die Lions in diesen Playoffs bislang extrem dominant auf – egal, wer der Gegner ist. Der dritte Sieg im Final vom Dienstag war ein weiterer Beweis dafür. Auch wenn Lausanne gut mitspielte, gab es nie einen Zweifel über den Ausgang des Spiels. Wenn es heute in Lausanne nicht klappt, dann bietet sich ja am Samstag zu Hause schon die nächste Chance, den Titel zu holen. Und der ZSC hat mittlerweile 16 Playoff-Heimspiele in Folge gewonnen – beste Vorzeichen also.
Doch das ist im Moment noch Zukunftsmusik. Zuerst steht heute Abend Spiel 5 des Playoff-Finals in Lausanne an. Und da steht das Heimteam vor der brutal schwierigen Aufgabe, diese dominanten Zürcher auszubremsen. Damit das gelingen kann, braucht es fast das perfekte Spiel.
Ihr hattet recht, liebe User. In meiner Playoff-Final-Vorschau gab ich den Punkt im Goalie-Duell Lausanne. Ich war beeindruckt davon, wie sich Kevin Pasche von Spiel zu Spiel und Runde zu Runde gesteigert hat. Simon Hrubec hingegen hat mich gerade auch im Playoff-Halbfinal gegen Davos nicht restlos überzeugt. Eine Fehleinschätzung.
Bislang war der tschechische Schlussmann der ZSC Lions der klar bessere Torhüter. Auch am Dienstag bestach Hrubec mit seiner Ruhe und liess Lausanne beinahe verzweifeln. Pasche hingegen war angreifbar. Es fällt auf, wie oft der kleine Torhüter (178 cm) von den Zürchern über der Schulter bezwungen wird.
Es ist kein Zufall, dass Lausannes einzelner Sieg in dieser Finalserie das einzige Spiel war, bei dem Pasche am Ende die Oberhand hatte. Wenn die Waadtländer noch eine spektakuläre Wende hinkriegen möchten, muss Pasche ab jetzt in jeder Partie der bessere der beiden Goalies auf dem Eis sein.
Wer meine Analysen gerade zu den Playoff-Serien regelmässig liest, kennt das Thema schon: das Rush-Duell. Rush-Chancen sind Torchancen, bei denen das angreifende Team innert fünf Sekunden nach dem Betreten der offensiven Zone zum Abschluss kommt. Diese Chancen sind in der Regel gefährlicher als jene nach länger anhaltendem Scheibenbesitz in der offensiven Zone (Überzahl-Situationen natürlich ausgenommen), weil sie weniger strukturiert und dadurch schwieriger zu verteidigen sind.
Gerade in den Playoffs, wo jedes einzelne Spiel so wichtig ist, ist es zentral, diese brandgefährlichen Möglichkeiten des Gegners zu unterbinden. Lausanne ist das im Final bislang zu selten gelungen. Nur in Spiel 3 – als die Westschweizer ihren bisher einzigen Sieg feiern konnten – hatten sie mehr Torgefahr nach Rush-Chancen kreiert als zugelassen.
Natürlich ist das gegen die ZSC Lions auch ausserordentlich schwierig. Die Zürcher Mannschaft ist gespickt mit Talent und Tempo. Andrighetto und Malgin sind mit die besten Skater der Liga – wenn diese Spieler einmal Fahrt aufnehmen, sind sie kaum zu bremsen. Lausanne-Trainer Geoff Ward muss darum ein Mittel finden, um den ZSC frühzeitig auszubremsen.
Das funktioniert, indem man konsequent die Mittelzone zustellt, und so Pass- und Lauflinien blockiert. Im Idealfall sieht das dann ungefähr so aus:
Ein solches System hat aber auch seinen Preis. Man verzichtet auf aggressives Forechecken in der gegnerischen Zone. Das bedeutet, man opfert Chancen, in der Offensive Scheiben früh zu erobern und selbst für Torgefahr zu sorgen. Defensive Stabilität, statt Spektakel. Nach missglücktem Forecheck läuft Lausanne in der Finalserie nämlich immer wieder in Konter.
Die Frage für heute Abend bleibt nun: Hat Geoff Ward den Mut und auch das Personal zur Langeweile? Wenn die Lions weiterhin regelmässig mit Tempo auf das Tor von Kevin Pasche zustürmen können, wird es schwierig, die Finalserie noch zu drehen.
Willy Riedi brachte die ZSC Lions am Dienstag mit seinem Tor früh auf die Siegestrasse. Nicht Denis Malgin, nicht Sven Andrighetto, nicht einer der zahlreichen ausländischen Stars bei den Zürchern, sondern Viertlinienstürmer Willy Riedi. Der 27-Jährige glaubt, dass die bessere vierte Linie die Finalserie entscheiden wird: «Und die haben wir.»
Tatsächlich ist es so, dass die ZSC Lions von ihren hinteren Linien deutlich mehr Unterstützung erhalten als Lausanne. Bereits 14 Zürcher Spieler haben in der Finalserie mindestens einen Skorerpunkt gesammelt, bei Lausanne sind es nur zehn. Auch bei den Spielern, die im Final schon zwei oder mehr Skorerpunkte gesammelt haben, haben die Deutschschweizer die Nase vorn.
Dieses sogenannte «Depth-Scoring» erweist sich am Ende eben tatsächlich als entscheidend. Die Stars (Théo Rochette oder Antti Suomela in Lausanne, Denis Malgin und Sven Andrighetto in Zürich) haben schon mehrfach bewiesen, dass sie in der Lage sind, ein Spiel zu übernehmen. Aber es gibt halt auch Spiele, in denen ihnen ausnahmsweise mal nichts gelingt. Und dann müssten eben andere in die Bresche springen – das ist bei Lausanne im Playoff-Final noch zu wenig passiert.
Die Stürmer Ahti Oksanen oder Ken Jäger sind noch ohne Skorerpunkt, genauso wie Offensivverteidiger David Sklenicka. Selbst Suomela (2 Assists) hat im Final noch nicht restlos überzeugen können, war aber im Halbfinal brillant. Dominik Kahun war hingegen seit der Viertelfinalserie gegen die Tigers unsichtbar. Für eine erfolgreiche Wende braucht Lausanne auch von diesen Spielern viel mehr.