Es war vielleicht die kurioseste Szene des Abends: Das einzige Davoser Tor bei der 1:5-Niederlage des HCD gegen die ZSC Lions schiesst ein Zürcher. Im ersten Drittel ist eine Strafe gegen Andres Ambühl angezeigt und ZSC-Goalie Hrubec verlässt standesgemäss sein Tor, um einem sechsten Feldspieler Platz zu machen. Mit dieser Überzahl spielen die Zürcher Davos aber eben auch sich selbst müde. Als Jesper Frödén von hinter dem Tor zu Yannick Zehnder im Slot passen will, verpasst dieser die Scheibe. Der Puck gleitet mit ordentlich Tempo voll aufs Zürcher Tor zu, die ZSC-Verteidiger können den Treffer in den eigenen Kasten nicht mehr verhindern.
Dieser verrückte Treffer zieht einen Rattenschwanz an Kuriositäten mit sich. Da ist etwa der Torschütze: Andres Ambühl war als letzter Davoser vor der angezeigten Strafe am Puck. Der HCD-Routinier wird also als offizieller Torschütze angegeben, sass nach «seinem» Tor aber direkt auch noch die Strafe ab. Ambühl beendet nach dieser Saison seine glorreiche Karriere. Es ist also gut möglich, dass das allerletzte Tor des 41-Jährigen eines ist, das er nicht selbst erzielt hat.
Auf der anderen Seite ist ZSC-Goalie Simon Hrubec. Der Tscheche muss sich in seinen ganzen 60 Minuten Einsatzzeit nie bezwingen lassen – beim einzigen HCD-Tor steht er ja nicht zwischen den Pfosten. Und trotzdem darf er sich am Schluss keinen Shutout notieren lassen.
Es ist ein statistisches Kuriosum: Anders als wenn ein Trainer kurz vor Schluss den Goalie rausnimmt, um einen Rückstand aufzuholen, fliesst die Torhüter-Absenz bei angezeigten Strafen offiziell aufs Matchblatt ein. Ein klassischer Empty-Netter zählt in der Statistik nicht als Schuss auf oder Gegentor für den herausgeholten Goalie. Hier hat Hrubec am Ende des Spiels in der Statistik aber ein Gegentor und somit nur eine Fangquote 95,24 Prozent. Trotzdem wurde der Torhüter zum besten Spieler der Lions gewählt.
Und auch ein anderes Tor sorgte in der Swiss Life Arena in Zürich für grosse Diskussionen: das 3:1 der ZSC Lions durch Derek Grant. Der Zürcher Stürmer lenkte den Puck ab, der kullerte dann an HCD-Goalie Sandro Aeschlimann vorbei in Richtung Torlinie und wurde von diesem mit einem Akt der Verzweiflung noch weggewischt. Doch war der Puck über der Linie? Auf dem Eis entschieden die Schiedsrichter auf kein Tor und gingen dann zum Videostudium. Nach langen Minuten der Analyse gaben die Unparteiischen den Treffer.
Und hier scheiden sich die Geister. Die ZSC-Fans jubelten sowieso bei jeder Wiederholung, weil sie sich sicher waren, dass der Puck hinter der Linie war. Die HCD-Fans dagegen argumentieren, dass es für einen Umstoss des Entscheids auf dem Eis eine klare Beweislage bräuchte, und diese sei hier nicht vorhanden.
Es stimmt, es gibt keine Kamera-Einstellung, in der man den Puck komplett hinter der Linie sieht. Und trotzdem ist die Beweislage ausreichend. Warum? Eine Erklärung in drei Bildern.
Und dann gibt es noch den interessanten Fall der Kamera im Tor. Es gibt ein Bild eines Fotografen, mit dieser In-Tor-Kamera, das zeigt, dass der Puck tatsächlich die hintere rote Linie berührt und damit vollends hinter der Torlinie war.
Doch warum kommt diese Kameraeinstellung nicht im TV zum Einsatz, damit sie die Schiedsrichter auch für den Videobeweis nutzen können? MySports-Moderator Jann Billeter erklärt im Studio: «Es gibt in der Eishockey-Schweiz genau zwei Tore, die die entsprechende Technik installiert haben, damit die TV-Bilder in ausreichender Qualität per Funk übertragen werden können. Das ist eine Kostenfrage, weil es immer auch einen separaten Techniker braucht. Im Final kommen diese dann auch in der TV-Übertragung zum Einsatz.» Dass das im Halbfinal noch nicht so ist, ist am Ende eine Fairness-Frage. Da es nur zwei solcher Tore gibt, könnte nur in einem der beiden Spiele diese zusätzliche Einstellung als Videobeweis genutzt werden. Das geht dann natürlich nicht.
Und noch eine dritte, viel beachtete Szene aus Spiel 3 zwischen dem ZSC und Davos. Gegen Ende des Mitteldrittels kommt es zu einer Rangelei zwischen ZSC-Stürmer Chris Baltisberger und HCD-Haudegen Brendan Lemieux. Als letzterer versucht, Baltisberger einen Schlag zu verpassen, trifft er nicht nur den Zürcher, sondern eben auch Linienrichter Dominik Altmann, der seinen Job ausübt und versucht, die beiden Streithähne zu trennen.
Altmann geht zu Boden und kann das Spiel nach der zweiten Drittelspause nicht mehr fortsetzen. Auch Lemieux hat frühzeitig Feierabend, er wird für das Vergehen mit einer Spieldauer-Disziplinarstrafe unter die Dusche geschickt. Der HCD-Import bezeichnet die Aktion später gegenüber Blick als Unfall: «Ich weiss, das will niemand sehen. Die Refs machen ihren Job. Es war einfach eine unglückliche Position, das passiert manchmal.»
Gegen Lemieux wurde ein Verfahren eröffnet und eine provisorische Sperre ausgesprochen. Der geneigte Hockey-Fan wird jetzt fragen: Moment, das gibt eine Sperre und der Crosscheck von Gavin Bayreuther in den Rücken eines anderen Linienrichters nicht? Ja. Der Unterschied ist, dass gegen Lemieux schon auf dem Eis eine Strafe ausgesprochen wurde. Somit wird der Fall direkt dem Einzelrichter übermittelt und das stark in die Kritik geratene Sounding Board mit Ryan Gardner als Player Safety Officer, Marc Reichert als Vertreter der Spielergewerkschaft und Philipp Rytz als Vertreter der Schiedsrichter kommt nicht zum Einsatz.
Ausgerechnet er! Julien Sprunger schiesst Fribourg-Gottéron in der Halbfinalserie gegen Lausanne wieder in Führung. Der 39-jährige Captain lässt die Drachen in seiner 22. Saison bei seinem Stammklub von der ersten Finalteilnahme seit 2013 träumen.
Sprunger, der seinen Vertrag bei Fribourg im vergangenen Dezember nochmals um eine weitere Saison verlängert hat, blüht in diesen Playoffs plötzlich wieder auf. Nachdem er die Regular Season mit 13 Toren in 52 Spielen beendet hatte, hat er nach 10 Playoff-Partien bereits drei Tore und einen halben Punkt pro Spiel auf dem Konto. Wenn er so die verletzungsbedingte Absenz von Topskorer Lucas Wallmark etwas abfangen kann, wäre das für Gottéron natürlich Gold wert.
Lausanne steht dagegen plötzlich vor einer verkehrten Ausgangslage. Nachdem sie im Viertelfinal gegen Langnau eine Serie über sieben Spiele erlebt hatten, in der immer das Heimteam gewinnen konnte, haben sie nun zum zweiten Mal in Folge zuhause verloren und der einzige Sieg der Serie feierte Lausanne in der Fremde.
Game 3 goes to @FrGotteron vs. @lausannehc in OT2, on a double chance from Sprunger.
— NL Ice Data (@NLIceData) April 4, 2025
Lausanne started well, but Fribourg got better as the game advanced and was able to equalize on its late push this time. pic.twitter.com/GYDlyr3mld
Und der Sieg der Freiburger ist nicht gestohlen. Lausanne startet besser in die Partie, doch je länger das Spiel dauert, desto mehr kriegt Gottéron die Oberhand. Nun ist Lausanne gefordert. Die Waadtländer müssen am Samstag in Fribourg ebenfalls einen weiteren Auswärtssieg nachlegen, ansonsten droht ihnen die zweite Finalqualifikation in Folge zu entgleiten.
Zwischenzeitlich hat der EHC Visp den HC Ajoie schon mächtig ins Schwitzen gebracht. Nach 14 Minuten führen die Walliser in Spiel 2 der Ligaqualifikation bereits mit 3:0. Mit der Niederlage aus der ersten Partie hat Ajoie so plötzlich die Realität des Abstiegs vor Augen. Doch dann folgt die entscheidende Szene: Reto Schmutz bringt die Jurassier kurz vor der ersten Pause wieder heran.
Der Ehlers-Beton in Visp beginnt zu bröckeln und fällt dann kurz nach Spielhälfte komplett auseinander. Joel Scheidegger und Jonathan Hazen gleichen die Partie mit einem Doppelschlag innert 71 Sekunden aus. Zwar kann Visp später auf den zwischenzeitlichen 3:4-Rückstand nochmals reagieren, doch in der Verlängerung holt sich Ajoie das wichtige Rebreak.
Nein, wir meinen nicht unseren Hof-Kolumnisten Klaus Zaugg, sondern die Zamboni-Fahrer in Visp und Ajoie. Beide bisherige Partien in der Ligaqualifikation gehen in die Verlängerung, bei Spiel 1 braucht es sogar deren drei. Doch dann geht es meistens schnell. Am Dienstag bei Ajoie dauert es nach der fünften Pause nur 53 Sekunden, bis das entscheidende Tor fällt. Gestern in Visp ist die Partie schon nach 20 Sekunden in der ersten Verlängerung vorbei.
Und die Zamboni-Fahrer, die in der Pause zuvor mit grosser Sorgfältigkeit das Eis nochmals gereinigt haben, so: